Urteil

Logo der Bürgerinitiative "Gegen Gewässerverbauung in Sachsen"
 


Die folgenden Pressemitteilungen haben wir im Laufe der letzten Jahre zusammengestellt. Schicken Sie uns per e-Mail Presseartikel zum Thema Wasserkraft und Fließgewässerschutz aus Ihrer Region, wir werden sie hier gern veröffentlichen.


ESOX

Thüringen will Wanderfische

vom 09.09.2001

Erfurt (K. Fischer) - Das Bundesland Thüringen plant ein eigenes Wanderfisch-Programm.

In den nächsten 15 Jahren sollen in Thüringen die Bedingungen für Wanderfischarten erheblich verbessert werden. Staustufen, Wehre und Wasserkraftwerke sollen so umgebaut werden, dass sie für Fische wieder passierbar sind. Gleichzeitig sollen auch in Thüringen ausge-storbenen Fischarten wie Lachs, Meerforelle oder Flussneunauge wieder an-

gesiedelt werden. Landesfischer-

Steht auf dem Thüringer Wunschzettel: Meerforelle. Foto: Olivier Porträit

eireferent Rainer Hohlstein: Das Programm wird am 6. Oktober auf den Thüringer Fischereitagen vorgestellt. DAV- Landesge- schäftsführer Andreas Kirsch warnt indes vor zuviel Euphorie. Das Programm werde sehr teuer, gab er zu bedenken. Und an Hindernissen wie Hohenwarte- oder Bleiloch-Talsperre werde nur wenig zu verbessern sein.

Bürgerinitiative fordert Versprechen ein

vom 03.09.01

Naturschützer protestieren in Rauenstein gegen Betrieb der Wasserkraftanlage - Ordnungsamts- mitarbeiter und Polizisten begleiten Aktion                         FOTO! MATTHIAS LEIPNITZ

Lengefeld.
Rund 40 Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) "Gegen Gewäs-
serverbauung in Sachsen" demonstrierten am Sonnabend an der Flöha in Rauenstein gegen den ihrer Meinung nach unerlaubten Betrieb der dortigen Wasserkraftanlage. Die Zusammenkunft wurde von Mitarbeitern des Ordnungsam-
tes beim Marienberger Landratsamt und von Polizeikräften begleitet.
  Hintergrund der Aktion war eine Äußerung von Sachsens Umweltminister Steffen Flath vom Januar vorigen Jahres. Damals hatte Flath erklärt, dass er bis Ende 2000 das


Problem der Wasserkraftanla- gen klären wolle. Da Flath nun nach dem Amt des Ministerprä- sidenten greife, sei es Zeit, ihn an dieses Versprechen zu erin- nern, meinen Mitglieder der Bürgerinitiative. Am unbefriedi- genden Zustand an vielen Was- serkraftanlagen im Freistaat habe sich in der bisherigen Amtszeit von Flath nichts Wesentliches geändert.

Neue Anlagen und damit neue Probleme stünden vor der Genehmigung, wusste Sprecher Volker Engelmann aus Dahlen.
"Großes Wort, kleine Tat - das ist Herr Flath", "Ökologie statt Profit", "Rettet die Flüsse und Tiere in Deutschland" war auf den Bannern der Demonstranten zulesen. Wie Tobias Mehnert aus Flöha sagte, sei dem Eigner

der Anlage in Rauenstein in einem Berufungsprozess das Recht zum Betrieb der Wasser- kraftanlage abgesprochen worden. Dennoch werde weiterhin Elektroenergie erzeugt. Mehnert weiß, wie er selbst sagt, dass der Eigner aus dem Regierugspräsidium Chemnitz die Zusage zum Weiterbetrieb habe, obwohl es dafür keinerlei rechtliche Grundlage gebe.


Einer der Eigner der Anlage, Max Jakob aus Bayern, bestätigte den Sachverhalt indirekt. Vom Gericht sei vor Wochen festgestellt worden, dass kein Altrecht vorhanden und ergo der Betrieb der Anlage unzulässig sei. Die endgültige Stilllegung sei aber "vom Regierungspräsidium gestoppt worden". Er gehe deshalb davon aus, dass der Weiterbetrieb der Anlage zulässig sei.
Mehnert wusste, dass auch dem Umweltdezernenten des Kreises, Udo Kolbe, der

Sachverhalt bekannt sei. Aber weil der Dezernent nichts unternehme, liefen solche und ähnliche Anlagen noch. BI Sprecher Engelmann sah eine Politik des Unterlassens auf breiter Flur, durch die in zehn Jahren aus intakten Flussläufen Flüssleichen gemacht worden seien.
Die BI werde jedes Genehmi- gungsverfahren detailliert auf die ordnungsgemäße Bearbeitung prüfen.
Auch stelle sich nach Einschätzung der Initiative die

Frage, inwieweit diese Anlagen aus Sicht der Finanzämter berechtigt seien. Jedes Unter- nehmen, und darum handele es sich auch bei den Wasserkraft- anlagen, müsse nach einer meist vier" jährigen Anlaufphase Gewinn erwirtschaften, der Unternehmer im Ergebnis Steuern zahlen. Werde dieses Kriterium nicht erreicht, habe das Unternehmen Hobby-Charakter und sei nicht förderwürdig. (LE)

Fliegenfischen vom August 2001, Bundesgerichthof Urteil gegen Wasserkraft

Der Bundesgerichtshof hat die Umwandlung alter Mühlen in Kleinstwasserkraftwerke erschwert. Nach einem Urteil (Az: III 154/00) ist solch eine Umwandlung von bestehenden Wasser- oder Staurechten nicht mehr gedeckt, wenn sich der Nutzungszweck ändert und dadurch die Belange "Dritter", wie etwa von Angelvereinen, " in wesentlichem Umfang nachteilig beeinflußt werden", heißt es in der Entscheidung. Eine Nutzungs- änderung liegt dem Urteil zufolge immer dann vor, wenn die Strom- gewinnung zum eigentlichen wirtschaftlichen Ziel wird und Strom nicht mehr wie früher nur zeitweise gewonnen wurde, um etwa Sägewerke oder Mehl-

mühlen anzutreiben.  "Wesent- lich" sind Nutzungsänderungen laut Urteil aber "nur dann, wenn sie sich auch wasserwirtschaft- lich auswirken, insbesondere das Gewässer stärker beanspruchen als zuvor, oder wenn sie Dritte in höherem Maße belasten". Eine stärkere Gewässerbelastung liegt nach Ansicht des Gerichts etwa dann vor, wenn früher für den Mühlenbetrieb das Wasser nur zeitweise gestaut wurde oder werden mußte " und nunmehr dauernd gestaut wird ". Und: Als "Belastung Dritter" nennt der BGH "Verschlechterungen für die Fischereiberechtigten", die etwa durch den Einbau von Turbinen oder den Dauerstau entstehen können!

Die Betreiber von Kleinstwasser- kraftwerken können sich zudem nicht mehr darauf berufen, daß die von ihren Anlagen ausgehen- den Belastungen hinzunehmen seien, weil die Produktion von Strom und dessen Einspeisung ins öffentliche Netz dem Gemein- wohl dienten. Ausdrücklich betont der BGH, daß "privat betriebene Kleinstwasserkraftanlagen trotz ihrer Förderung durch die öffent- liche Hand" keine "gemeinwich- tigen Einrichtungen" sind und damit entfällt ein wesentliches Argu- ment, mit dem solche Anlagen bislang gegenüber den Wasser- behörden durchgesetzt wurden.
                            
                               Jürgen Oeder

Fischer & Teichwirt vom Juli 2001, Das Fischereirecht - Grenze für kleine Wasserkraftwerke

An einem kleinen Wasserlauf be- stand ein Staurecht zum Betrieb einer Mühle. Später wurde dem Inhaber des Staurechts gestattet, das angestaute Wasser an Stelle der bisherigen Wasserräder mit- tels einer Turbine zu nutzen. Mit diesem Inhalt ist im Wasserbuch ein altes Recht eingetragen. Der Inhaber hat die Ausübung des Rechts durch Vertrag einem an- deren zum Zweck der Stromer- zeugung überlassen. Dieser be- treibt nach Einbau einer neuen Kaplanturbine mit einer Leistung von 40 kW ein Wasserkraftwerk. Der Pächter des Fischereirechts legt dar, durch die Schaufelräder der Turbine würden trotz des Ein- laufrechens in erheblichem Um- fang Fische verletzt und getötet. Er hat deshalb den Inhaber der Anlage auf Unterlassung des Tur- binenbetriebs verklagt.
Die Klage war in zwei Instanzen im Wesentlichen erfolgreich. Auf die Revision des Turbinenbetrei- bers hat der Bundesgerichtshof (BGH) als oberstes Gericht in Zi-vilsachen das Urteil der Vorin- stanz aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwie- sen. Zur Rechtslage hat der BHG im Kern Folgendes ausgeführt (Urteil vom 15. 03. 2001 -Az. III ZR 154/00): Der Fischereipächter ist Inhaber des Fischereiausü- bungsrechts. Dieses Recht ist zivilrechtlich gegen Beeinträch- tigungen durch Dritte geschützt; der Fischereipächter kann grund- sätzlich Unterlassung fordern. Ein dem Abwehranspruch unterlie- gender Eingriff erfolgt durch den Betrieb der Turbine, sofern dieser ständig und in nicht unerheb- lichem Umfang hineingeratene Fische verletzt und tötet. Diese Wirkung hatte die Turbine im Streitfall.
Dennoch kann der Fischereipäch- ter nicht die Einstellung des Tur- binenbetriebs ver- langen, wenn dieser durch ein eingetragenes altes Wasserrecht gedeckt ist. Er hat in diesem Fall, sofern die nun- mehr eintretenden Nachteile für sein Recht im Bewilligungsver- fahren nicht vorhersehbar waren, zwar die Möglichkeit, nachträglich Auflagen oder Entschädigungen zu verlangen. Den beeinträchti- genden Turbinenbetrieb selbst muss er jedoch weiter dulden.
Die Duldungspflicht besteht aller-

dings, nicht, wenn die aktuelle in das Fischereirecht eingreifende. Nutzung das alte Staurecht durch eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Zwecks über- schreitet. Dann ist für die Nutzung eine neue wasserrechtliche Gestattung erforderlich. Gleich- zeitig erfolgt der Eingriff in das Fischereiausübungsrecht dann ohne rechtfertigenden Grund, so dass er zivilrechtlich durch Unter- lassungsklage abgewehrt werden kann.
Eine wesentliche Zweckänderung liegt vor, wenn die neue Nutzung die Gewässerverhältnisse oder - bedingt durch die
Änderung der Gewässerverhältnisse die Belan- ge Dritter erheblich beeinträchtigt. Eine solche Situation ist bei fol- genden Auswirkungen gegeben:
- Die jetzige Nutzung verändert die wasserwirtschaftlichen Ver- hältnisse wesentlich, indem sie insbesondere das Gewässer stär- ker beansprucht als die ursprüng- liche Nutzung. Das kann bei- spielsweise der Fall sein, wenn das Gewässer für den früheren Mühlenbetrieb nur zeitweise auf- gestaut wurde, für die jetzige Strom-erzeugung dagegen ein ständiger Anstau erfolgt.
- Eine wesentliche Zweckänder- ung liegt auch dann vor, wenn der jetzige Turbinenbetrieb zur Stromerzeugung durch seinen Wirkung auf die wasserwirt- schaftlichen Verhältnisse einen Dritten (das ist auch der Fisch- ereiausübungsberechtigte) in höherem Maß belastet als die ursprüngliche Nutzung. Diese Folgewirkung ist beispielsweise gegeben, wenn der heutige Tur- binenbetrieb ein deutlich höheres Gefahrenpotential für den Fisch- bestand darstellt als die frühere Nutzung, die Gegenstand des alten Wasserrechts war.
Der BGH konnte im Streitfall nicht abschließend sagen, ob die Vor- aussetzungen für eine wesent- liche Zweckänderung vorliegen oder nicht, weil die Vormstanzen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen nicht getroffen hatten. Dies wird das Berufungs- gericht nunmehr nachholen müs en.
Dabei kann sich ergeben, dass die jetzige Nutzung eine wesent- liche Änderung des ur sprüng- lichen Zwecks des Staurechts- darstellt. In diesem Fall steht das

alteWasserrecht dem Anspruch des Fischereipächters auf Ein- stellung des Turbinenbetriebs nicht entgegen. Dennoch kann der Abwehranspruch ausgeschlos- sen sein, wenn der Turbinenbe- trieb mit seinen störenden Wir- kungen der Erfüllung von Auf- gaben dient, die im Allgemein- interesse liegen und von öffent- lichen Trägern oder dem Gemein- wohl verpflichteten Einrichtungen erfüllt werden. Der BGH stellt jedoch ausdrücklich klar, dass "privat betriebene Kleinstkraftwer- ksanlagen trotz ihrer Förderung durch die öffentliche Hand" keine Aufgaben mit Ge- meinwohlbezug erfüllen. Das Gericht weist ergän- zend darauf hin, dass an dieser Beurteilung auch das Bundes- gesetz über den Vorrang Erneu- erbarer Energien aus dem Jahr 2000 nichts geändert hat.
Das Urteil des höchsten deu- tschen Gerichts in Zivilsachen ist in mehrfacher Hinsicht von Be- deutung:
- Es unterstreicht, dass der Fisch- ereipächter mit dem Fischerei- ausübungsrecht über ein Recht verfügt, das eigentumsrechtlich durch Abwehransprüche gegen Eingriffe Dritter geschützt ist.
- Andererseits wird das erhebliche Gewicht eines im Wasserbuch eingetragenen alten Wasserrechts deutlich. Eine Nutzung, die durch ein solches Recht gedeckt ist, muss der Fischereipächter auch dann dulden, wenn nachteilige Auswir- kungen auf sein Recht ursprünglich nicht voraussehbar waren.
- Die Umwandlung einer früheren Wassermühle in ein Kleinstwas- serkraftwerk ist von dem alten Staurecht nicht mehr gedeckt, wenn die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse oder Belange Dritter dadurch wesentlich beeinträchtigt werden. In diesem Fall setzt sich der Anspruch des betroffenen Fischereipächters auf Unterlas- sung des Turbinenbetriebs durch.
- Eine Duldungspflicht des Fisch- ereipächters ergibt sich dann auch nicht aus der Notwendigkeit, All- gemeininteressen zu wahren. Denn solche Interessen dienen privat betriebene Kleinstwasser- kraftwerke trotz öffentlicher Förderung und ihrerEinbezie- hung in das Gesetz für den Vorrang Emeuerbarer Energie nicht.                      
Manfred Braun

 


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